Raumausstatter sind wahre Handwerksallrounder
Informieren, beraten und Konzepte entwerfen gehört zu den Aufgaben / Der Beruf wird nie langweilig / Bescheidene Ausbildungsvergütung
Ein schönes Zuhause ist für viele wichtig. Gerade in Corona-Zeiten will man es sich in den eigenen vier Wänden gemütlich machen. Genau darum kümmern sich Raumausstatter.
Am Ende ihres Arbeitstags hat Hannah Hofstätter das glückliche Gefühl, etwas geschafft zu haben: Sie verlässt einen Raum und dieser ist schöner als zuvor. Ausgestattet mit einem neuen oder wieder aufgefrischten Boden und schmucken Farbe an den Wänden. Verschönert mit dekorativen Vorhängen oder gekonnt aufgepolsterten Möbeln.
Boden verlegen, Wände tapezieren, Räume gestalten: Hannah Hofstätter ist handwerkliche Allrounderin. Zurzeit absolviert die 18-Jährige ihr drittes Ausbildungsjahr als Raumausstatterin. Auf der Suche nach einem geeigneten Ausbildungsplatz hatte die Realschülerin damals nur vage Vorstellungen. „Ich möchte nicht jeden Tag in der gleichen Umgebung sein, ich möchte ein bisschen herumkommen und ich möchte nicht täglich die gleichen Aufgaben sitzend erledigen“, zählt sie ihre damaligen Maßgaben auf. Nach ersten Recherchen im Internet keimte die Idee, Raumausstatterin zu werden.
Hofstätter absolviert ihre Ausbildung im Unternehmen von Olaf Rosenbaum. Sein Team hat sich vor allem auf den Bodenbereich spezialisiert. Hannah Hofstätter ist also inzwischen Profi im Verlegen von neuem Parkett. Zudem saniert sie alte Böden, verlegt Teppiche und Linoleum. Braucht ein Raum einen neuen Anstrich, kümmert sie sich um Tapezier- und Malerarbeiten. Neben handwerklicher Tatkraft müssen angehende Raumausstatter deshalb ein Auge für gestalterische Details und ein Gespür für Räume mitbringen. Sich fast täglich auf neue Umgebungen und die Wünsche der Kundschaft einzustellen, bietet Hannah Hofstätter die gewünschte Abwechslung bei der Arbeit. „Man weiß nie, was kommt. Manche Kunden haben klare eigene Vorstellungen, wie etwa kürzlich, als zur quietschgelben Küche auch ein gelber Linoleumbelag gewünscht wurde. Andere wollen beraten werden, wieder andere sind hin- und hergerissen und hätten es am liebsten, dass wir für sie entscheiden“, schildert die 18-Jährige. Sie muss also informieren, beraten und Konzepte entwerfen. Deshalb sind neben handwerklichen auch kommunikative Fähigkeiten in diesem Ausbildungsberuf wichtig.
Zumal der Anspruch der Kunden heutzutage deutlich höher sei als früher, sagt Olaf Rosenbaum. Nichtsdestotrotz schätzt er an seinem Beruf vor allem die Vielfalt: „Wir arbeiten kreativ. Es ist abwechslungsreich, sowohl was die Materialien angeht, die wir einsetzen, als auch mit Blick auf die Menschen, mit denen wir zu tun haben.“ Ob ein heimeliges Wohnzimmer, eine repräsentative Etage in einem Altbau oder eine supermoderne Küche – Räume zu verwandeln werde niemals langweilig, findet der Raumausstattermeister. Als Vizepräsident des Zentralverbands Raum und Ausstattung (ZVR) nimmt er mit Bedauern zur Kenntnis, dass Schulabsolventen kaum mehr dazu zu bewegen seien, einen körperlich anstrengenden Beruf zu ergreifen. „Zu meiner Zeit waren wir 75 Azubis in einem Jahrgang, heute sind es maximal 15“, sagt er. „Kaum jemand will sich die Hände schmutzig machen.“
Genau das gehört auch zu den Pflichten von Hannah Hofstätter. Bevor sie und ihre Kollegen einen Raum wieder schön machen, muss oft zuerst der Altbelag der Böden und Wände abgetragen werden. „Das kann anstrengend sein“, so die 18-Jährige. Azubis müssen also nicht nur ein Händchen für die Kundschaft haben, planen sowie mit Nadel und Teppichmesser umgehen können, sie sollen auch körperlich belastbar sein. „Tatkräftiges Anpacken wird verlangt“, so Rosenbaum. Und er verrät, welche Kriterien ihm zudem wichtig sind: „Gutes räumliches Vorstellungsvermögen und unbedingt top Mathe-Noten. Wer eine Null in Mathe ist, sollte von einer Bewerbung absehen.“
Die Ausbildung dauert drei Jahre, je nach Region und Arbeitgeber variiert die Vergütung. Laut Zahlen des Bundesinstituts für Berufsbildung von 2019 liegt die in Betrieben mit Tarifvertrag im Schnitt bei 545 Euro, 619 Euro und 721 Euro brutto im Monat – gestaffelt nach Lehrjahr. Die Vergütung kann auch höher oder niedriger ausfallen. Seit 2020 liegt der gesetzlich vorgeschriebene Mindestlohn aber bei mindestens 515 Euro brutto pro Monat im ersten Ausbildungsjahr.
Die Ausbildung kann eine gute Grundlage für Fort- und Weiterbildungen sein. Das muss nicht zwingend der Meister sein, das kann auch die Spezialisierung „Gestalter/-in im Handwerk“ oder die berufliche Fortbildung zum Betriebswirt oder zur Fachwirtin sein. Olaf Rosenbaum möchte seine Auszubildende dazu motivieren, eines Tages die Meisterschule zu besuchen. Abgeneigt ist die 18-Jährige nicht, doch sie steht fest auf dem Boden der Tatsachen: „Zuerst muss ich meine Ausbildung erfolgreich abschließen.“ Von Katja Wallrafen (dpa)