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Mit der Zeit kamen Kostüme dazu

Vor rund 100 Jahren bekam der Dammer Carneval ein volkstümlicheres Gesicht

Gänsemarsch im Jahr 1960: Bis zum Jahr 1868 war es der als Heischegang übliche Fastnachtsumzug des Dammer Carnevals. Fotos: Stadtmuseum Damme

5.02.2021

Neu war seinerzeit auch der närrische Herrscher, ein Prinz, der für die „Tollen Tage“ symbolisch die weltliche Herrschaft ersetzte. Und da nunmehr oft aufwändige Kostüme eigens für diesen Anlass hergestellt wurden, gab es rund um den Rosenmontag Kostümbälle. Die neue Tollität fuhr nebst Hofstaat am Rosenmontag in einer Kutsche zur Huldigung der „Untertanen“ vorab durch die Straßen, um dann zum Startpunkt des Umzugs zurückzukehren und sich in den Themen-Umzug einzureihen. Dann allerdings zog die ganze Gesellschaft mit Musik durch Damme von Kneipe zu Kneipe, kehrte jeweils zu Umtrunk oder Beköstigung ein, bis möglichst alle (!) den End- und Zielpunkt erreicht hatten: die Hofburg, offizielle Residenz Sr. Tollität. Mit dem Bau des neuen Bahnhofs 1900 war das Ziel die dortige Gaststätte.

Die hinlänglich bekannten Differenzen mit der Kirche um das Vierzigstündige Gebet 1892 änderten an der Art des Umzugs allerdings nichts. Man verlegte den Rosenmontag halt eine Woche nach vorn und pflegte am Wochenende drauf zu büßen und zu beten, wie es die Geistlichen für nötig befanden.

Erst 1920/21 und nach den Carnevalsverbots-Jahren 1922-1933 änderte sich viel im Umzugsgeschehen. Nun erhielt die Fastnacht ein deutlich volkstümliches Gesicht. Mit einer neuen Führungsriege, dem nunmehr etablierten Elferrat, war es allen – nicht nur den Mitgliedern – erlaubt, eine Gruppe für den Rosenmontagsumzug anzumelden. Vor allem durften diese Gruppen Thema und Gestaltung selbst in die Hand nehmen. Damit öffnete sich die Carnevalsgesellschaft für alle Bevölkerungsschichten, woraufhin die Teilnehmer-Zahl, aber auch die Vielfalt an Ideen und Gestaltung zunahm.

Ein Umzug ging nun nicht mehr von Kneipe zu Kneipe, sondern startete an einem festgelegten Punkt, durchlief vor Publikum am Rande zweimal mit Prinzenwagen die Straßen des Dammer Ortskerns und endete zur Abschlussproklamation auf dem Kirchplatz vor St. Viktor. Danach war Tanz in den örtlichen Sälen und Feiern in allen Gaststätten angesagt. Diese Fortführung bis in den späten Abend war übrigens auch neu. Denn bis in die 1920er Jahre ging es im Anschluss ins Lilienthal, zu einer Gaststätte in Neuenwalde, um dort den „Jammerkaffee“ einzunehmen – wohl zur Ernüchterung und um das Ende des Rosenmontags zu „beklagen“. Dieser „Jammerkaffee“ bildete ab den 1930er Jahren den Abschluss des dienstäglichen Gänsemarsches.

Einen weiteren Schritt zur Entwicklung der Umzüge tat die Carnevalsgesellschaft ab 1938. Den Sonntag vor dem Rosenmontag erklärte man nun zum Tag des Kindercarnevals. Dazu erhielt die Jugend eine eigene kinderprinzliche Tollität, die den Höhepunkt des nur ihresgleichen vorbehaltenen Sonntagsumzuges bildete. Jedes teilnehmende Kind konnte darin seine Verkleidung selbst bestimmen. Allerdings organisierten die Lehrer der örtlichen Schulen neben den vielen kostümierten Einzeldarstellern auch kindgerechte Themengruppen, die dem Sonntagsumzug mehr Profil verliehen. Ab 1938 gab es also zwei Umzüge in Damme, wobei die Erwachsenen und deren Prinz nur Rosenmontag, die Kinder mit ihrer Tollität aber an beiden Tagen mitgingen.

Als es 1949 wieder losgehen konnte, zeigte sich die Weitsicht der Verantwortlichen in den 1930-er Jahren. Sofort fanden sich Firmen, Nachbarschaften, Straßenzüge, Ortsteile, Schulen und Freundeskreise zusammen, um zunächst mit einfachen Mitteln, bei wachsendem Wohlstand mit größerem Aufwand Umzugsgruppen zu gestalten. Die Steigerung von Qualität und Quantität schritt nun schnell voran. (friemo)
 

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