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Teilzeitausbildung muss keine halbe Sache sein

Ausbildung an die Lebenssituation anpassen

Der Arbeitskreis Teilzeitausbildung setzt sich für neue Wege bei der Gewinnung von Fachkräften ein. Von links: Renate Hitz, Anja Komossa, Katharina Drees, Johanna Hollah, Stephanie Rolfes-Gröninger, und Andreas Thielscher. Foto: Böckermann

30.01.2021

Es gibt viele Gründe, warum für junge Menschen eine Ausbildung in Vollzeit nicht in Betracht kommt: Kinderbetreuung, Pflege eines Angehörigen, körperliche Einschränkungen, Teilnahme am Leistungssport oder die Notwendigkeit, nebenher noch Geld verdienen zu müssen. Die Lösung kann eine Ausbildung in Teilzeit sein. „Eine Teilzeitausbildung bietet jungen Menschen die Möglichkeit zu einer Berufsausbildung, auch wenn die aktuelle Lebenssituation eine Vollzeitausbildung nicht zulässt. Sie erhalten dadurch die Chance auf einen qualifizierten Berufsabschluss und somit eine wichtige Grundlage, um ihr Leben selbstbestimmt und finanziell abgesichert gestalten zu können“, erklärt Katharina Drees, Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt beim Jobcenter im Landkreis Vechta.
      

Bereits seit 2005 ist die Möglichkeit, eine berufliche Teilzeitausbildung zu absolvieren, im Berufsbildungsgesetz (BBiG) verankert. Galt früher die Vorgabe, dass ein „berechtigtes Interesse“ vorliegen muss, steht mit der Neuregelung des BBiG seit Januar 2020 eine Teilzeitberufsausbildung für alle offen.
      

„Dabei kann es sich um eine Erstausbildung handeln, aber auch um einen beruflichen Wiedereinstieg oder eine berufliche Umorientierung“, erklärt Stefanie Rolfes-Gröninger von der Agentur für Arbeit Vechta
       

„Eine Teilzeitausbildung ermöglicht es besonders Frauen, berufliche Ausbildung und Familienaufgaben zu vereinbaren“, ergänzt Renate Hitz, Leiterin der Koordinierungsstelle Frauen und Wirtschaft im Oldenburger Münsterland.

„Junge Frauen, die familiäre Pflichten haben, verfügen über Lebenserfahrung, sind selbstständig und motiviert. Davon profitieren die Unternehmen“, betont sie.

Prinzipiell ist eine Teilzeitausbildung in allen anerkannten Berufen des dualen Ausbildungssystems möglich. Mit der Neuregelung des BBiG kann die wöchentliche Arbeitszeit auf maximal 50 Prozent verkürzt werden. Die Dauer der Ausbildung verlängert sich im selben Verhältnis. Die Teilzeitausbildung kann vor Beginn des Ausbildungsverhältnisses, aber auch noch während der Ausbildung vereinbart werden. „Die Verkürzung der wöchentlichen Ausbildungszeit muss im Berufsausbildungsvertrag angepasst und mit den zuständigen Kammern abgestimmt werden“, erklärt Anja Komossa, Beauftragte für Chancengleichheit beim Jobcenter im Landkreis Cloppenburg. Der Berufsschulunterricht findet im vollen Umfang zu den normalen Zeiten statt. Auch für Teilzeitausbildungen gilt, dass die Ausbildungsvergütung angemessen sein muss. Teilzeitauszubildende haben den gleichen Urlaubsanspruch wie Vollzeitauszubildende.

Obwohl die Vorteile für Auszubildende und Ausbildungsbetriebe offensichtlich sind, wird diese Möglichkeit bisher wenig genutzt. „Viele Ausbildungsbetriebe haben sich mit dem Thema bisher noch nicht auseinandergesetzt. Es besteht eine Art Hemmschwelle“, erklärt Katharina Drees. Aber auch von Seiten der Auszubildenden wird diese Form der Ausbildung kaum nachgefragt. Viele würden die Möglichkeit der Teilzeitausbildung nicht kennen und daher nicht in Betracht ziehen, so die Akteure. Sie empfehlen, dass die jungen Leute diese Möglichkeit offensiv bei den Bewerbungsgesprächen ansprechen.

„In der aktuellen Corona-Krise haben Unternehmen die Möglichkeit, die laufenden Ausbildungsverträge in Teilzeitausbildungen umzuwandeln. So können die Auszubildenden in dem Unternehmen gehalten werden, die finanzielle Belastung wird geringer und die Ausbildungsziele sind nicht gefährdet“, fügt Johanna Hollah vom Amt für Wirtschaftsförderung des Landkreises Vechta hinzu.

„Wir haben einen großen Fachkräftemangel. Da ist es wichtig, alternative Lösungen zu schaffen. Teilzeitausbildung ist so eine Möglichkeit“, fasst Andreas Thielscher von der Wirtschaftsförderung des Landkreises Cloppenburg zusammen. Verlagsredaktion
     

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