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„Man erlebt so viele faszinierende Momente“

Der scheidende Kreisjägermeister Rainer Fortmann und dessen designierter Nachfolger Marco Sadelfeld im gemeinsamen Interview

Rainer Fortmann zieht eine positive Bilanz seiner 23 Jahre währenden Amtszeit: „Für jede Organisation ist der Nachwuchs wichtig und den haben wir im Landkreis Vechta“. Foto: privat

25.10.2021

Es ist das Ende einer Ära. Nach einer mehr als zwei Jahrzehnte langen Tätigkeit als Kreisjägermeister gibt Rainer Fortmann aus Kroge das Amt ab. Sein Nachfolger wird – vorbehaltlich der Zustimmung durch den Kreistag – Marco Sadelfeld aus Goldenstedt. Im Interview blicken beide zurück, schauen nach vorne und erklären, was sie an der Jagd fasziniert.

Herr Fortmann, nach 27 Jahren geben Sie das Amt des Kreisjägermeisters ab. Welche Gefühle haben Sie dabei?

Fortmann: Ich habe während meiner Amtszeit 27-mal die Jägerprüfung, die bei uns einmal im Jahr stattfindet, durchgeführt. Tatsächlich bin ich aber 23 Jahre lang Kreisjägermeister gewesen. Vorher habe ich kommissarisch und als Stellvertreter diverse Aufgaben übernommen, da mein Vorgänger sich beruflich umorientieren wollte. Während der laufenden Amtszeit als Vize, bin ich dann 1998 zum Kreisjägermeister gewählt worden.

Den jetzigen Schritt, mich nicht wieder zur Wahl zu stellen, habe ich mir reiflich überlegt und er ist mir auch nicht leicht gefallen. Einerseits war bei der Führung des Amtes immer viel Freude und Herzblut dabei, andererseits sollte man sich auch nicht zu sehr an ein Amt klammern und die Verantwortung rechtzeitig in jüngere Hände übergeben.

Wie fällt das Fazit Ihrer Tätigkeit aus?

Fortmann: Für jede Organisation ist der Nachwuchs wichtig und den haben wir im Landkreis Vechta. Es war immer schön zu sehen, wie viele junge Menschen sich jedes Jahr der durchaus schweren Jägerprüfung unterzogen und vielfach ein völlig neues Metier kennenlernten. Zunehmend auch Frauen, die bei der letzten Prüfung fast die 30-Prozent-Marke erreicht haben. Zurzeit haben wir etwa 2100 Jagdscheininhaberinnen und Jagdscheininhaber. Das sind Menschen, die sich fachkundig für die Natur einsetzen.

Ich habe aber immer auch den Eindruck gehabt, dass es uns Jägerinnen und Jägern gelungen ist, die Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung zu erhalten und zu stärken. Die Jagdbezirke sind hier fast ausschließlich an die örtlichen Jäger verpachtet und somit gibt es eine enge Verbundenheit mit den Grundstückseigentümern sowie die Möglichkeit, viele Jägerinnen und Jäger in die Hege und Jagd zu integrieren.

Wie ist es aus Ihrer Sicht um das Jagdwesen im Landkreis Vechta aktuell bestellt? Was läuft gut? Wo gibt es vielleicht noch Optimierungspotenzial?

Fortmann: Traditionell sind wir ein Landkreis mit sehr gutem Niederwildbesatz. Seit einigen Jahren verzeichnen wir aber eine deutliche Zunahme an Hochwild in Form von Schwarzwild und etwas Damwild. Während uns das Damwild wenig Sorgen bereitet, müssen wir beim Schwarzwild, also den Wildschweinen, aufpassen. Sowohl die klassische als auch die Afrikanische Schweinepest hängen hier wie ein Damoklesschwert über der Landwirtschaft. Uns ist es einigermaßen gelungen, die Verbreitung der ansonsten urigen Schwarzkittel einzugrenzen.

Leider hatten wir aber auch bisher wissenschaftlich nicht erklärbare Einbrüche bei den Fasanen. Ich hoffe, dass in Sachen Grünbrachen, Blühstreifen usw. im Einklang mit der Landwirtschaft, sich noch etwas bewegen lässt.

Herr Sadelfeld, Sie übernehmen als Nachfolger von Rainer Fortmann das Amt des Kreisjägermeisters. Was reizt Sie an dieser Funktion?
  

Er geht motiviert an die neuen Aufgaben: „Besonders freue ich mich darauf, den Vorsitz in der Jägerprüfungskommission zu übernehmen“, sagt Marco Sadelfeld. Foto: privat
Er geht motiviert an die neuen Aufgaben: „Besonders freue ich mich darauf, den Vorsitz in der Jägerprüfungskommission zu übernehmen“, sagt Marco Sadelfeld. Foto: privat

Sadelfeld: Das Amt ist im Landkreis Vechta mit den vielen Jagdscheininhabern eine besondere Herausforderung. Durch meine Ausbildung als Diplom-Forstingenieur habe ich eine solide Grundlage für dieses Amt geschaffen. Meine jetzige berufliche Tätigkeit als Holzeinkäufer im Nordwesten Deutschlands bringt mich oft mit Menschen zusammen, die ähnlich wie ich jagdlich aktiv sind. Dadurch habe ich des Öfteren auch mal einen anderen Blick auf die Dinge und kann mir eine differenzierte Meinung bilden.

Ich halte es für wichtig, keine vorgefertigte Meinung zu übernehmen. Weiterhin denke ich, dass das Thema Jagd einen Umbruch in der Bevölkerung durchlebt, aber nicht an Wichtigkeit verliert. Vielleicht sogar eher das Gegenteil. Ich hoffe, moderne Elemente einfließen lassen zu können, sodass alle Bevölkerungsgruppen die Sinnhaftigkeit der Jagdausübung verstehen.

Welche Aufgaben hat eigentlich der Kreisjägermeister?

Fortmann: Der Kreisjägermeister ist Berater der Jagdbehörde und ehrenamtlich tätig. Seine Amtszeit läuft parallel zur Kreistagsperiode. Er wird von der Jägerschaft vorgeschlagen und vom Kreistag gewählt. Er ist in dieser Funktion Vorsitzender des Jagdbeirates und muss von der Behörde in allen jagdrelevanten Fragen gehört werden. In der Regel werden Aufgabenbereiche direkt an ihn übertragen. Außerdem beruft er die Jägerprüfungskommission und führt als deren Vorsitzender die Prüfung durch. In der Jägerschaft ist er „Kraft Amtes“ Mitglied im Vorstand.

Sadelfeld: Der Kreisjägermeister ist ehrenamtlich tätig. Er ist Vorsitzender im Jagdbeirat, ruft die Sitzung ein und leitet diese. Des Weiteren berate ich die Jagdbehörde in jagdlichen Angelegenheiten. Der Kreisjägermeister hat Sorge für die Beachtung der allgemein anerkannten Grundsätze deutscher Weidgerechtigkeit und für eine Durchführung der Hege zu tragen. Er hat diese Aufgaben durch die Beratung der Jagdbehörde und seinen Vorsitz im Jagdbeirat zu erfüllen.

Besonders freue ich mich darauf, den Vorsitz in der Jägerprüfungskommission zu übernehmen und hoffentlich vielen angehenden Jagdscheininhabern mit einer tollen Mannschaft im Hintergrund die Prüfung zu ermöglichen.

Was sind die Themen, die für Sie Priorität haben werden?

Sadelfeld: Ich hoffe, im Bereich Naturschutz einige Eckpfeiler setzen zu können. Da ja eine Mehrzahl der Jägerinnen und Jäger Mitglied in der Landesjägerschaft ist und somit in einem anerkannten Naturschutzverband in Niedersachsen, sehe ich sie auch in der Verpflichtung, nach den Grundsätzen des Naturschutzes zu handeln. Ich weiß aus eigener Erfahrung und die meiner Frau, wie viele unzählige Stunden mit der Anlage von Streuobstwiesen, Blühstreifen, Hegebüschen oder vielen anderen Projekten verbracht werden.

Ich kenne kein Jagdrevier im Landkreis Vechta, welches sich nicht einbringt und jeden zur Verfügung gestellten Quadratmeter versucht für eine hohe Biodiversität zu gestalten. Dieses Engagement fasziniert mich unglaublich, gerade auch, weil ein Großteil der finanziellen Aufwendungen aus eigener Tasche bezahlt werden und nicht über Spendengelder generiert werden.

Haben Sie sich bestimmte Ziele für Ihre Amtszeit gesetzt? Falls ja: Welche sind das?

Sadelfeld: Ich hoffe, dass sich auch in Zukunft viele Menschen zur Absolvierung des „grünen Abiturs“ entscheiden. Man erlangt unglaublich viel Wissen rund um die Natur und ein wesentlicher Bestandteil der Prüfung ist das Fach Naturschutz, Hege und Jagdbetrieb, in dem ich seit einigen Jahren die Prüfung abnehmen durfte.

Eine Frage an beide: Was ist für Sie das Faszinierende an der Jagd? Warum ist es toll, ein Jäger oder eine Jägerin zu sein?

Fortmann: Die Faszination der Jagd ist für mich einfach darin begründet, dass ich als Jäger intensiv in die Abläufe der Natur eingebunden bin. Die meisten Menschen laufen an der Natur vorbei. Als Jäger ist man Teil derselben und kann helfen, gestalten und entwickeln. Als Lohn des Ganzen hat man manchmal auch die Möglichkeit zu ernten, das heißt, einen Teil des Wildes zu erlegen. Das alles kann nur mit hohem Verantwortungsbewusstsein gegenüber der Schöpfung funktionieren. Wenn man es gut hinbekommt, ist man mit sich im Reinen und verspürt Zufriedenheit.

Sadelfeld: Die Jagd ist unglaublich facettenreich. Man erlebt so viele faszinierende Momente, die man kaum in Worte fassen kann. Jeder hat seine Priorität zu Weidwerken. Egal, ob Ansitz, Bewegungs- oder Fallenjagd, jede Art hat ihren eigenen Reiz. Aber der Grundgedanke der Jagd ist nach wie vor der gleiche: Ich habe die Möglichkeit an eines der wertvollsten und gesündesten Lebensmittel zu gelangen. (hkl)
 

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