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Arbeitsrecht in der Corona-Krise

Expertenrat: Kündigungen unbedingt rechtlich überprüfen lassen


10.08.2020

Vechta. Die Corona-Krise bestimmt schon lange unseren Alltag. Die Ausnahmesituation beschäftigt viele Arbeitnehmer und Arbeitgeber, dabei stehen arbeitsrechtliche Fragen im Mittelpunkt. „Grundsätzlich ist die Corona-Krise kein Kündigungsgrund“, macht Rechtsanwalt Christian Johannes von der Kanzlei Lenze & Partner in Vechta deutlich.

Es sei immer erforderlich, jede einzelne Kündigung nicht einfach so hinzunehmen, sondern einer rechtlichen Prüfung zu unterziehen, so Johannes: „Jede Kündigung sollte unbedingt durch einen Rechtsanwalt überprüft werden.“ Das gelte selbst dann, wenn das arbeitgebende Unternehmen durch die Corona-Krise tatsächlich in eine Schieflage geraten ist, macht der Rechtsanwalt deutlich.

Gleiches gelte auch für Änderungsmaßnahmen im Rahmen des Arbeitsverhältnisses. Zwar könne die aktuelle Krisensituation einzelne Anpassungen rechtfertigen. Meistens ist dies jedoch nicht der Fall.

Auch in der Rechtssprechung sind die Themen Arbeitsrecht und Corona mittlerweile aktuell. Das Arbeitsgericht Osnabrück hatte vor einigen Wochen zu entscheiden, ob die Kündigung eines Mitarbeiters rechtens war. Der Kündigungsgrund war ein Foto, das den Mann als Verweigerer der Corona-Abstandsregeln zeigen sollte.

Vorwurf an den Mitarbeiter: Missachtung der Corona-Regeln

Der Mitarbeiter hatte zu Beginn der Pandemie am 23. März ein Selfie von sich und fünf weiteren Männern bei WhatsApp gepostet, die in enger Runde auf dem Boden zusammensaßen und zum Teil Karten spielten. Dazu lautete die Bildunterschrift: „Quarantäne bei mir“, zusammen mit einem Tränen lachenden Smiley.

Kurz zuvor hatte sein Arbeitgeber eine Betriebsversammlung zu Covid-19-Sicherheitsbestimmungen abgehalten, um die 25 Mitarbeiter vor einer Infektion zu schützen. Als das Foto bekannt wurde, war dem Mann fristlos gekündigt worden, der Mitarbeiter klagte dagegen.

Das Verfahren wurde durch einen Vergleich beendet. Demzufolge verliert der Mann zum 31. August seinen Job und wird bis dahin unter Fortzahlung seines Lohns und Abfeierns seines Resturlaubs freigestellt. Als Abfindung bekommt er einen Monatslohn in Höhe von 2000 Euro. Der Arbeitgeber wollte ihn ursprünglich fristlos kündigen, der Arbeitnehmer hätte eine Abmahnung als ausreichend empfunden. (Az.: 2 Ca 143/20)

„Da die Kündigung fristlos erklärt wurde und jetzt im Vergleich ein Ende des Arbeitsverhältnisses zum 31. August 2020 vereinbart wurde, lässt der Richterspruch darauf schließen, dass zumindest erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit der Kündigung durch das Gericht bestanden haben“, erläutert Christian Johannes. Dieser Fall zeigt, dass die aktuelle Krise kein Grund für eine Kündigung sein kann. Es gilt allerdings auch: Corona schützt nicht vor Kündigungen. War das Ende des Arbeitsverhältnisses bereits fest eingeplant, bedeutet die Corona-Krise nicht, dass hiervon abgewichen werden muss. Im Ergebnis sollte jede beabsichtigte Kündigung aufgrund der Krise rechtlich überprüft werden.
   

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